Nachhaltigkeit und Privatverkauf, ist der Frust vorprogrammiert?

Es klingt so einfach, man räumt die Wohnung auf, sortiert fleißig und faltet die T-Shirts im angesagten Marie Kondō Stil, mistet die Schubladen aus und fragt sich bei den Gegenständen nach ihrem Sinn und Zweck für das eigene Seelenheil. Eigentlich braucht man dies und das gar nicht mehr. Es ist noch in gutem Zustand und wegwerfen wäre ja zu schade. Also ganz im Sinne der Nachhaltigkeit sucht man nach einem Abnehmer. Für Möbel und Wohnungsgegenstände melde ich mich bei eBay Kleinanzeigen an. Für aussortierte Kleidung fülle ich mein Profil auf Kleiderkreisel. Mit der Kamera und dem Handy versuche ich möglichst gute und klare Bilder zu machen. Überlege mir eine passende Artikelbeschreibung, recherchiere Preise und setzte zumindest bei den Möbeln noch ein „Verhandlungsbasis“ hinter meinen Wunschpreis. Wenn ich mit der Anzeige zufrieden bin, dann geht diese online und ich checke regelmäßig meinen Posteingang, um eine schnelle Kommunikation anzubieten. Das erste Glückserlebnis lässt zu meiner Überraschung nicht lange auf sich warten. Schnell sind wir uns einige und ein netter Mensch holt die Ware noch am gleichen Tag ab. Auch auf Kleiderkreisel finden ein paar meiner Stücke einen neuen Besitzer, was mich sehr freut. Das eingenommene Geld kommt in die Reisekasse und ich feiere meine Nachhaltigkeit.

Ich freue mich noch darüber, wie gut das doch läuft und das es tausendmal besser ist, unbenutzte oder überflüssige Dinger herzugeben. Leider folgt auf diese Phase eine, die mich an dem Anstand der Menschen zweifeln lässt. Ohne „Hallo“ nur „60 Euro für alle?“ oder „12 Euro mit Versand?“ Nachrichten, um sich ganze 35 Cent zu sparen folgen. Ich bleibe freundlich und gebe Rückmeldung und komme auf die Leute auch Preislich zu. Dann hört man nichts mehr. Okay, Danke…. „Mir ist bei meiner Uhr das Glas gebrochen und ich bräuchte nur die, ohne das Armband. Kannst du mir die Uhr günstiger verkaufen“ Tut mir ehrlich leid für dich, aber was soll ich mit dem Armand ohne die passende Uhr? Zudem biete ich das gesamt Paket zu einem vergleichsweise super niedrigen Preis im Vergleich zu anderen Anbietern mit gleicher Qualität. Versteht mich nicht falsch, fragen darf man gerne aber doch bitte sinnvoll und vor allem sollte man die Antwort dann zumindest mit einem „Danke“ oder auch „Danke, ich suche weiter“ einfach würdigen. Respekt und Anstand sind grundlegende Dinge, die wohl auf privaten Verkaufsplattformen nicht selbstverständlich sind.

Mich macht es wütend und traurig! Wir wollen alle Nachhaltiger und bewusster leben, geben uns Tipps, wie wir Plastik sparen und unbedingt unsere Kleidung Fair oder Second Hand kaufen sollen, um dann mit einem Verkäufer über die Versandkosten von nicht einmal 3 Euro zu verhandeln? Sind wir ehrlich schon so versaut davon, dass Kleidung und Möbel nicht nur super billig zu haben sind sondern auch, dass der Versand nichts kostet? Das eine oder andere mal bin ich auf solche Preisvorschläge eingegangen und habe mich spätestens dann geärgert, wenn ich beim Versand plötzlich drauflegen musste. Die lieben Versand Dienstleister haben ihre Preise für den privaten Versand ganz schön angezogen. Eine Freundin war so freundlich den Versand komplett zu übernehmen. Erst nach ihrere Zusage wurde ihr dann von der Käuferin mitgeteilt, dass der Versand nach Österreich geht sollte. Das kostet jetzt mittlerweile stolze 18 Euro. Sie wollte dann kein Unmensch sein und übernahm die Versandkosten dennoch. Die Adresse stellte sich dann leider als Falsch heraus, weswegen das Paket zu ihr zurück gekommen ist und Sie am Ende den Versand doppelt bezahlen musste. Da ist dieses super schöne Kleid, das 40 Euro gekostet hat und einmal getragen wurde, bei dem 10 Euro noch zu teuer sind, wenn man auf 9 Euro inklusive Versand gedrückt wird. Ich persönlich kaufe gerne und viel auf Kleiderkreisel. Dabei habe ich bisher nie am Preis verhandelt. Die ganzen Zeit und der Aufwand, den man investiert um ein Anzeige zu schalten, mit Interessenten zu Kommunizieren, dem Verpacken und Versand bis hin zu einem Treffen zur Abholung steht zum Teil gar nicht mehr im Verhältnis zu den angebotenen Kaufpreisen, die dann noch unterboten werden. Vielleicht ist mir der Wert von Kleidung bewusst oder ich rechne falsch, indem ich vom Neupreis ausgehe und mich wie ein Schnitzel freue, wenn ich einen Tennis Rock für 12 Euro bekomme, der normal 40 Euro kosten würde. Schnäppchen genug meiner Ansicht nach.

Für mich als Verkäufer ist es echt anstrengend und mittlerweile auch super frustrierend, meine Zeit zu investieren und ich bin nur noch eine dumme Nachricht davon entfernt, die Accounts zu löschen und all meinen Kram einfach zu spenden oder in die Tonne zu werfen. Aber oh warte mal, Sperrmüll? Ja, der wird einem dann vor der Haustür geklaut. Zugegeben, ich bin gerade sehr frustriert darüber, wie unverschämt manche Menschen sind und wie viel Zeit es frisst, sich mit dem Verkauf von guten Dingen abzumühen. Da erscheint es so viel leichter, einfach einmal alles auf einen Schlag zu entsorgen, um sich Lebenszeit zu sparen. Nachhaltig ist das auf keinen Fall und eigentlich möchte ich es auch vermeiden. Mir ist durchaus bewusst, dass meine Dinge kein Vermögen wert sind und ich mir keine goldene Nase durch den Verkauf von Chucks oder einer Ikea Kommode verdienen kann. Mir ist nur ein fairer Preis wichtig und in Maßen bin ich auch bereit, über den Preis zu sprechen. Es sollte aber noch immer mit Maß und Ziel passieren. Mit meinem Frust bin ich im Moment nicht alleine. Vielleicht habt ihr ja ähnliche Erlebnisse. Ich habe mir vorgenommen, den Kopf nicht hängen zu lassen und mich nicht mehr über unfreundlich Nachrichten zu ärgern sondern diese lieber unbeantwortet im Nirvana verschwinden zu lassen.

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