Meinen ersten Migräneanfall hatte ich im Alter von vielleicht 10 Jahren. Ich verstand nicht, was mit mir in diesem Moment passierte. Wir waren im Schwarzwald in den Osterferien. Ein ganz normaler Tag in unserem Lieblingshotel, der mit einem Fernsehabend enden sollte bis mich plötzlich dieser Schmerz überfiel. Es wurde immer schlimmer und ich weinte vor Verzweiflung. Meine Eltern versuchten alles, konnten mir aber nicht helfen und waren selbst gänzlich von dieser Situation überfordert. Was hat das Kind nur? Einige Stunden vergingen mit kalten Waschlappen und gutem Zureden. Ich ertrug keine Geräusche, kein Licht und mir war jede Bewegung viel zu viel Anstrengung. Durch die Schmerzen überkam mich Panik und irgendwann musste ich mich übergeben. Gefühlt kotze ich mein Leben aus und brach dann erschöpft zusammen. Endlich konnte ich schlafen und der Schmerz verschwand. Tage und Wochen vergingen, wir hatten diesen Abend in Erinnerung aber es schien erledigt zu sein. Nach ca. 3 Monaten wurde ich erneut von diesem heftigen Schmerz erfasst. Es war wieder abends und es half nichts. Meine Eltern versuchten es sogar mit Aspirin und Schmerzmittel, auf die ich jedoch nicht ansprach. Wieder wälzte ich mich Stunde um Stunde im Bett, weinte vor Schmerz und Verzweiflung bis ich mich übergeben musste. Ich erinnere mich noch an das Sofa meiner Patentante und wie ich versuchte Ruhe zu finden, die Panik mich ergriff und vier Erwachsene keine Ahnung hatten was mit mir passiert und das besorgte meine Mama dann sehr. Es folgten viele Arztbesuche und es war eigentlich schon eine Erleichterung zu erfahren, dass es sich um Migräne handelt aber in meinem Kopf an sich alles in Ordnung ist. Leider kann gegen Migräne nicht wirklich etwas unternommen werden. Es folgten in regelmäßigen Abständen Anfälle und meine Mama reagierte dann immer schnell. Ich kam ins Bett, es wurde dunkel gemacht, es herrschte Ruhe und und mit kühlen Waschlappen versuchte ich die Schmerzschwelle in meinem Kopf zu besänftigen. Es konnte bis zu acht Stunden dauern, bis ich mich endlich übergeben konnte. Dann war ich quasi über den Berg und fiel erschöpft in den Schlaf.
Es gab jedoch kein Mittel, mit dem wir meine Migräne in den Griff bekommen haben und auch die Ärzte konnten uns nicht helfen. Als ich ungefähr 13 Jahren alt war griff meine Mutter nach einem weiteren Strohhalm, nachdem etliche Arztbesuche ohne Abhilfe verliefen und ich an einem Tag morgens und abends einen Migräneanfall durchleben musste. Wir vereinbarten einen Termin bei einer Heilpraktikerin, die sich über drei Stunden mit mir unterhielt. Sie sprach auch mit meiner Mama und legte ihr nahe, meinen Herzenswunsch nach einem Hund zu überdenken. Ich erhielt Globulis und meine Jessie, einen Mischlingshündin aus Italien. Die Migräneanfälle blieben aus. Was eine Erleichterung! Wenn mich Kopfschmerzen plagten, dann waren es die ersten Kater Kopfschmerzen und die konnte ich mit Schmerzmittel, Wasser und Schlaf bekämpfen. Etliche Jahre später erlitt ich wieder einen Migräneanfall am Morgen. Dieser blieb für lange Zeit der erste und der letzte. Vor vier Jahren traf es mich dann richtig hart. In einem Zeitraum von drei Wochen hatte ich ständige Kopfschmerzen, die sich immer wieder zu einer Migräne zusammenzogen. Ich suchte meinen Hausarzt auf, leierte mein Kopfschmerztagebuch herunter und erhielt sofort einen Termin beim CT. Die Untersuchung zeigte, dass sich in meinem Kopf keinerlei Krampfadern, Tumore oder sonstige befinden, ich also gesund bin. An diesem Tag starb mein Opa.
Ende August erlitt ich wieder einen Migräneanfall, den ich mit der rechtzeitigen Einnahme von Schmerzmitteln, Ruhe und Entspannungsübungen zumindest soweit in den Griff bekommen habe, dass ich mich nicht übergeben musste und der Schmerz nach ein paar Stunden weitestgehend erträglich wurde. Was führt immer wieder zu diesen sehr vereinzelten Anfällen? Die vielen Ärzte, die ich in meiner Kindheit kennen lernte waren sich nicht einige, mache versprachen mir Linderung nach der Pubertät andere rieten mir, mich auf tägliche Migräne bis an mein Lebensende einzustellen oder uns wurden Schmerzmittel in die Hand gedrückt. Noch heute möchte ich dem Menschen, der mir geraten hat bei einem Anfall doch Trampolin zu springen, so richtig auf den Kopf hauen. Ich bin überzeugt, wer in seinem Leben noch keine Migräne durchstehen musste, der hat erstmal verdammtes Glück und zum anderen ist es schwer zu verstehen, welcher Schmerz in deinem Kopf tobt. Gerade der Schmerz kann so unterschiedlich ausfallen. Bei mir bedeutet es, dass ich zum Teil schwarze Punkte vor den Augen oder in den Augenwinkeln sehe. Es bohrt sich ein Messer hinter mein rechtes Auge und der Schmerz ergreift mich in Wellen. Auf kurze Phasen mit wenig bis keinem Schmerz folgt eine solche Keule, dass es schwer wird zu atmen.
Was mir geholfen hat? Mir selbst Pausen im Alltag zu gönnen, meine zwei bis drei Liter Wasser am Tag zu trinken, Sport und besonders Yoga zu machen, der Verzicht auf Kopfbedeckungen und Vorsicht bei der Auswahl meiner Sonnebrillen und deren Druckpunkte. Wenn ich Kopfschmerzen bekomme höre ich in meinen Körper hinein. Ich versuche dann zu trinken, etwas zu essen und mit leichten Dehnübungen meine Schultern und den Nacken zu lockern. In vielen Fällen hilft mir das und ich spreche dann zwar von Kopfschmerze, aber diese kommen aus einer Verspannung im oberen Rücken und Nacken. Zur Vorbeugung gehe ich regelmäßig zum Yoga und dehne mich vor und nach dem Tennis spielen. Wenn mich aber eine Migräne erfasst, dann ziehe ich mich zurück, verkrieche mich im Bett, versuche zu meinen Körper zu entspannen und atme bewusst. Wenn ich Glück habe, dann hilft mir eine Schmerztablette und ich versuche den Kopf frei von Gedanken zu bekommen. Ich habe immer Schmerzmittel und Menthol Bonbons für den Notfall unterwegs bei mir. Manchmal hilft das aber alles nicht und ich muss die Migräne durchleiden. Die Hilflosigkeit steigt auch heute noch in mir auf und ich liege vor Verzweiflung heulend im Bett. Dadurch ist es mir aber gleichzeitig möglich, Druck ablassen und das hilft mir dann etwas. Also lasse ich die Tränen raus und schreie wenn nötig einfach mal den Schmerz an die Decke. Mein Mann lag neben mir im Bett und hat den letzten Migräneanfall mit mir gemeinsam durchlitten. Er war hilflos und zugleich gänzlich erschrocken über den Schmerz, der meinen Körper erfasst hat. Es war für ihn so schlimm, dass es wirklich nichts gab, um mir zu helfen. Ich beruhigte ihn dann damit, dass ich da nun einfach durch muss und es schon irgendwann aufhört. Ich schaffte es sogar ohne mich zu übergeben und das sehe ich als kleinen Erfolg. Der Stress, die Freude und das Gefühlskarussell der letzten Montage brach sich einfach seine Bahnen und zwang mich an diesem Tag in die Knie.
Wenn Ihr auch von Migräne geplagt werdet, dann sucht euren Arzt auf, beschreibt euren Schmerz und fragt auch ganz deutlich nach Untersuchungen wie z.B. einem CT. Schreibt für euch ein Schmerztagebuch und achtet darauf, wie sich der Schmerz genau anfühlt, was ihr die Tage zuvor gemacht habt und wie es euch eigentlich gerade geht. Bist du im Stress? Was passiert gerade um dich herum? Versucht gerne auch alternative Medizin oder sucht euch einen Yoga Kurs und erlernt Atemübungen. Entspannung und Ausgeglichenheit sind wohl die besten Möglichkeiten, damit sich erst gar keine Migräne in eurem Kopf aufbaut. Vor allem lasst euch nicht von dummen Sprüchen ärgern! Ich durfte mir so oft anhören „oh das bisschen Kopfweh“, „stell dich doch nicht so an“ oder „nimm halt eine Tablette und gut ist“. Wer diesen Schmerz noch nicht selbst erfahren hat, der kann nicht nachfühlen, wie unmöglich es dem Betroffenen ist, etwas anderes zu tun als im Dunkeln zu liegen. Vor allem müsst ihr euch klar machen, dass Migräne etwas total individuelles sein kann und ihr euren Weg finden müsst, um den Schmerz zu ertragen. Von Ernährung bis Umwelt kann alles ein Auslöser oder ein Hilfsmittel sein. Ihr müsst für euch den Unterschied herausfinden und das kann lange dauern. Ich hatte wohl ziemliches Glück, dass die richtig miesen Anfälle sich so sehr reduziert haben und das liegt einfach daran, dass ich auf mich selbst zu achten gelernt habe. Mein Gleichgewicht und mein Tempo sind wichtig und manchmal muss die Welt einfach draußen bleiben. Gerade in stressigen Zeiten nehme ich mir ganz dreist einen Abend in der Woche nur für mich zum abschalten und entspannen. Ich habe meine Migräne wirklich gut in den Griff bekommen worüber ich sehr froh bin. Daher kann ich jedem von euch, der davon betroffen ist nur die Daumen drücken, dass auch ihr einen Weg findet.
Habt ihr eine Migränegeschichte?