Oder, wie widerlich kann ein Kühlschrank eigentlich sein?
Montagmorgen auf dem Weg in die Kaffeeküche um mein Pausenbrot zu parken und einen dringend notwendigen Kaffee zu zapfen. Beim öffnen der Kühlschranktür kommt ein süßlicher Geruch auf mich zu. Im montäglichen Tran nehme ich dies zwar war, bin aber schlicht weg zu müde mir weiter Gedanken darüber zu machen. Nachdem ich dann die nächsten Tage mein Essen generell zuhause vergessen habe und somit nur 4 Schritte in die Kaffeeküche setzte ist der Freitag gekommen. Und ich habe doch tatsächlich mal wieder an mein Frühstück gedacht, also Kühlschrank auf, Kopf runter, Arm raus und Brot parken. Aber nein, der Geruch gefällt mir jetzt absolut gar nicht mehr.
Jetzt bin ich natürlich schon in Wochenendlaune und auch neugierig, daher mal guggen, was da den so riecht. Recht schnell finde ich die erste große Stinkbombe. Da natürlich nicht jeder den Gang zur Kantine riskieren will bringt man sich gerne selbst was mit. Aber bitte gesund, da eignet sich Tüten Salat natürlich ausgezeichnet. Dass er einen Nährstoffgehalt von einem Taschentuch hat ist ja egal, sieht gut aus, macht den schokofutternden Kollegen ein schlechtes Gewissen und schmeckt. Jeder kennt knackigen, frischen Salat, auf dem noch ein paar Tropfen vom Morgentau hängen. Ja darauf hat man Lust. Aber wer hätte geahnt, dass Salat auch flüssig werden kann? Zu meinem Glück ist er in einer Tüte, beim wegwerfen erinnere ich mich an den Kauf von Goldfischen in der Zoohandlung.
Nach dem ich den ersten Ekel überwunden habe wieder Nase rein und schnuppern. Es riecht noch immer nicht wirklich gut. Also munter weiter ans Werk. Die Schimmelgarantie auf Frischkäse ist jedem bekannt, also sind die diversen geöffneten Packungen mein nächste Ziel. Das sogar Schimmel schimmeln kann war mir neu, ein Erlebnis und wieder was dazu gelernt. Meine Weg-werf’-Aktion ist in vollem Gang. Der Mülleimer am Ende voll und der Kühlschrank leer. Gerne wäre ich dem ganzen Ding noch mit Essigessenz auf die Pelle gerückt, dafür hätte ich dann doch gerne ganzkörper Handschuhe und Mundschutz getragen. Also verschieben wir auf einen anderen Freitag morgen.
Erstmal diese widerliche Erfahrung setzten lassen, einen Kaffee abgreifen. Natürlich mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass solche Vollautomaten ja auch schimmeln. Innendrin, da wo keiner hinkommt ohne eine Ausbildung zum Kaffeemaschinenenaufschraubtechniker. Danke an die diversen Fernsehreportagen auf drittklassigen Formaten, welche mir nur eintrichtern wie ungesund alles in und um mein Leben herum ist.
Die Freude über den Kampf und Sieg gegen den Schimmel lässt mich aber selig an meinen Schreibtisch trotten um die letzten Stunden bis zum Wochenende motiviert anzugehen. Aber Schimmel wäre nun mal nicht Schimmel, wenn er nicht uneingeladen wieder zur Party erscheinen würde. Anfang der kommenden Woche gleiches Spiel. Jedoch war ich nach dem langen Wochenende so ausgeschlafen, dass mein morgendlicher Tran mich nicht davon abhalten konnte erneut auf Schimmelsuche zu gehen.
Fällt das eigentlich nur mir auf? Also ich bin nun wirklich nicht der putzwütigste Mensch den ich kenne. Wenn es absolut nötig ist und auch wirklich nur dann, wenn mich der Dreck beim Liegen auf dem Sofa zwischen den Zehen nervt, dann pack ich meinen Staubsauger aus. Putze was man sehen kann und schnell den Roll-Laden runter lassen für den Rest.
Ok, aus absoluter Langeweile und dem reinen Zweck, die Zeit tot zu schlagen, hab ich auch schon mal eine Putzaktion gestartet, was glücklicher Weise nicht so oft passiert.
Aber Schimmel im, am und beim Essen mag ich so gar nicht. Weder den Blauen im Käse noch den Grauen, Grünen oder Schwarzen. Nur das Pferd, das lass ich mir als Schimmel gefallen, muss man halt leider nur wieder eingehend putzen oder geht das auch im Schleudergang mit diesen super Pülverchen die wirklich jeden Flecken aus weiß rausbekommen? Auch wenn der noch von Oma’s ersten Fütterungsversuchen des kleinen Strampler von vor 21 Jahren stammt?
Na egal, ich putze eigentlich weder gerne noch oft, ich bin ordentlich und wer viel bewegt der wirbelt den Staub zum Fenster raus. Mein Schreibtisch ist tip top, mag ich halt nicht wenn mich stapelweise Blätter, Ordner und alte Kaffeetassen umringen. Was sich mir aber in dem Kühlschrank bietet ist wirklich die Höchste Widerlichkeit der letzten 2 ½ Jahre, mindesten. Kann doch nicht nur mir aufgefallen sein? Die drei Äffchen machen doch nicht hören, nicht sehen und nichts sagen, hier geht’s aber ums riechen und tun? Und riechen muss schließlich jeder der atmen will. Jedenfalls mache ich mich erneut motiviert ans Werk.
Der Kühlschrank ist ja schon so gut wie leer, also viele Chancen habe ich nicht. Senf kann nicht Schimmeln, genauso wenig wie Wasser oder Sekt. Ich fahnde weiter und bleib an den Marmeladengläser ganz hinten hängen. Boah nein, mir graut es jetzt schon. Es gibt nichts schöneres als ein Marmeladenbrötchen mit Frischkäseaufstrich und dazu eine riesen Tasse Kaba, diese Vorliebe jetzt für die Kollegen zu opfern ist doch echt gemein. Tja, da muss ich jetzt wohl durch. Also Zähne zusammenbeißen, Glas nehmen, aufschrauben, Luft anhalten und suchend reinschauen. Sieht eigentlich nicht nach Schimmel aus, erkennen kann ich jedenfalls nichts, also doch mal lieber riechen. Was mir da in die Nase sticht fährt direkt weiter ins Gehirn. Wie schnell die Information „Ekel“ ankommt und wie schnell ich reagiere weiß ich nicht. Es ging für mein Verständnis fast gleichzeitig. So was geht gar nicht, widerlich, es schüttelt mich, schnell zudrehen. Mist, in der Eile den Deckeln nicht richtig draufbekommen, noch mal versucht, durchatmen. Schnell in den Müll und bloß nicht fallen lassen vor lauter Stink-Attake. Nicht auszudenken was für eine Sauerei da dann auf meine Kosten und meine Trottelpunktbilanz gehen würden. Auch wenn ich nur nett sein wollte und den Schimmel andere beseitige, die Punke bekomme ich.
Jetzt mach ich kurzen Prozess, Marmelade im Glas, nur noch ein Rest von außen zu erkennen, werfe ich gnadenlos ohne Riech- und Guggprobe sofort in den Müll. Zu guter letzt finde ich noch ein Glas mit Erdbeere, sogar noch orignialverpackt, Frischesiegel ist in Takt, das kann ich sicher stehen lassen. Ein Blick aufs Verfallsdatum sagt mir, abgelaufen im April 2010, gut, dass wir Mai 2011 haben. Gut gelaunt starte ich nun eine Langzeitstudie, wie lang dauert es, bis Schimmel sich durch Glas nach außen an die Oberfläche frisst?
Ich beobachte und meide den Kühlschrank, ich mag kein Farmville und muss es auch nicht gezwungener Maßen mit den Kollegen spielen.
Guten Hunger
Redaktioneller Hinweis, der Text wurde im Juni 2006 verfasst
Was für ein ominöses GIF Programm? 😀 die GIF mit der Kaffeetasse hab ich auf irgendeiner Internet Seite gemacht
Hey liebe Chrissy,
danke dir für den fabelhaften Kommentar – musste gerade echt schmunzeln!
Schmunzeln musste ich auch über diesen Post. Die ein oder andere Kühlschrankaufräumaktion habe ich auch schon hinter mir. Echt immer wieder ekelig mit der eigenen Vergesslichkeit konfrontiert zu werden! 😀
Liebe Grüße zurück
Schneewittchen
haha. der Post ist wirklich herrlich! Ich erkenne meinen Kühlschrank in seinen Tiefphasen darin wieder 😀
http://thesmallnoble.blogspot.de/
Schreib doch bitte ein Buch! Dein Schreibstil ist wirklich göttlich 😀 Auch wenn es um so nervige (und entschuldige) ekelhafte Dinge geht, wie vergammelte Sachen im Kühlschrank. Da ich gerade mit psychisch Kranken arbeite, kann ich deine Erfahrungen nur nachvollziehen.. vielleicht solltest du die entsprechenden Personen mal mit deinen Funden überraschen. Die Erinnerung kommt bestimmt schnell wieder zurück, wenn man ein schimmliges Marmeladeglas auf dem Schreibtisch stehen hat…