Das Jahr 2020 ist schon wieder zur Hälfte vorbei und es ist so voller Gefühle, Abenteuer und Erlebnisse, dass ich gefühlt einfach kaum zum Atmen komme. Ein Tag folgt dem nächsten, manche sind sich so ähnlich, dass ich keinen Unterscheid ausmachen kann und immer wieder nur sage, das für mich jeder Tag ein Samstag ist, außer Sonntags, und andere Tage sind wieder so komplett anders, sodass mir die Balance manchmal fehlt. Was mein Leben so herrlich auf den Kopf stellt? Der Blaubeerbub! Ende Januar wurde unser Sohn geboren und hat unsere Herzen im Sturm erobert. Seine Geburt hat sich super unspektakulär angekündigt. Kein großes Drama oder verrückte Situation sondern schlicht, nach einem langen Tag in der Stadt, begann die Geburt am Abend mit einem kleinen Blasensprung. Nach etwas Bedenkzeit ging es ins Krankenhaus und es war klar, ich werde auf der Station bleiben und der Mann soll nochmal heim. Die Annahme? Die Geburt dauert noch ganz schön lange und es wird wohl bis zum nächsten Tag dauern, ehe der kleine Mann auf der Welt sein wird. Darauf hatte der Blaubeerbub aber keine Lust, immerhin wollte er endlich sehen, was da draußen in der Welt so los ist und machte sich schneller auf den Weg.
Gegen 24 Uhr wackelte ich also in den Kreißsaal und 30 Minuten später hatte ich meinen Mann am Telefon, der sich bitte gefälligst sputen sollte. Keine 10 Minuten später war er an meiner Seite. Die Geburt war schon in vollem Gang und ich kann gar nicht in Worte fassen, wie sich das alles für mich anfühlte. Im Grunde hatte ich volles Vertrauen in meinen Körper und gab mich den Wehen und der Atmung vollkommen hin. Der Blaubeerbub arbeitete großartig mit und so verbrachten wir gar nicht so viel Zeit im Kreißsaal. Um 3:01 Uhr hatten wir das schönste Blind Date unseres Lebens. Der Blaubeerbub schaute uns mit offenen Augen an und ich flüsterte ein ergriffenes „Hallo du!“. Die kleine Blaubeere liegt jetzt nach diesen vielen Wochen im Bauch nun in meinen Armen. Dieses Gefühl oder besser diese Welle an Gefühlen ist einfach unbeschreiblich. Es flossen ein paar Freudentränen bei uns Großen und der Kleine holte tief Luft und ließ seinen ersten Schrei ertönen.
Die ersten Tage im Krankenhaus blieben wir unter uns. Diese kleine Blase sollte nur uns allein gehören. Es war eine sehr komische Mischung aus Krankenhaustrubel und Babyglück. Zum ersten Mal wickeln, das Stillen und wie bitte schön schläft man jetzt mit so einem kleinen Menschen in der Nacht? Mir war von Anfang an klar, dass ich nur so lange im Krankenhaus bleiben möchte, wie es wirklich notwendig ist und sehnte die U2 für den Blaubeerbub sehnlichst herbei. Die Nächte waren für mich eine echte Hausnummer. Schlafen traute ich mich kaum, der kleine Mann lag eigentlich nur auf mir und ich lauschte seinen Atemzügen. Am Nachmittag kam mein Mann vorbei, der den Morgen für allerlei Erledigungen (Behördengänge und solche Späße) verwendete. Dann kam endlich Tag der U2 und auch für mich gaben die Ärzte grünes Licht, die Heimreise kann beginnen! Moment, was? Ich werde diesen kleinen Shrimp nun anziehen, in einen Kindersitz setzten und dann gehen wir ehrlich nach Hause? Kurze Panik, ein Zimmer, das im Babyklamotten Chaos versinkt während ich nicht mehr klar denken konnte und noch immer im Nachthemd umher irrte. Es geht jetzt wirklich für uns alle nach Hause! Zurück in diese echte Welt! Endlich und Hilfe, wie unwirklich!
Den ersten Monat verbrachten wir alle drei zusammen und ich bin dafür unendlich dankbar! So eine Geburt ist trotz allem keine einfache Sache und mein Körper hatte ganze Arbeit geleistet. Nun war er müde und natürlich mitgenommen. Das dauernde Stillen (auch Clusterfeeding genannt) und ein Minimensch, der den ganzen Tag auf mir liegen wollte, schlauchte mich und ohne die Unterstützung von Joe wäre ich sicherlich nach wenigen Tagen unter Tränen zusammengebrochen. Die Hormone fahren Achterbahn, mein Körper stellt sich schon der nächsten Herausforderung, ernährt einen Menschen und sammelt seine Kräfte zusammen. Gleichzeitig war mein Gehirn wie ein großes schwarzes Loch und ich musste alles doppelt und dreifach wiederholen, ehe ich endlich kapierte, ob ich nun einen Kaffee oder ein Müsli aus der Küche haben will. Meine Hebamme kam vorbei und nahm uns wunderbar an die Hand. Geduldig hörte Sie sich unsere Fragen an, beruhigte uns, gab Tipps und erinnerte mich immer wieder daran, dass ich mein Wochenbett auch ausgiebig als solches ausnutzen soll. Mit Joe an meiner Seite war das für mich auch wirklich machbar. Er war die Speerspitze in die normale Welt, versorgte uns mit allem, kochte, kaufte ein und übernahm den Blaubeerbub bei jeder Gelegenheit. So konnte ich am morgen in Ruhe duschen, Essen und Trinken. Mein Körper dankte diese Unterstützung Joe und mir! Nach zwei Wochen war ich halbwegs auf den Beinen und konnte auch kleinere Spaziergänge mit meinen beiden Männern genießen. Wir machten langsam und ließen uns Zeit, um in unseren neuen Alltag zu stolpern.
Für mich war es wirklich ein Stolpern. Gefühlt wurde ich während meiner Schwangerschaft mit so vielen Infos überhäuft, von denen sich aber irgendwie keine auf das Wochenbett oder die Zeit nach der Geburt bezog. Klar wurde mir gesagt, dass ich dieses „Schlafen“ erstmal vergessen kann und es nur noch um den Nachwuchs gehen wird, aber wie man den Weg zurück in das Leben mit Kind findet, ab wann Besuch gut ist und ob man einen 4 Wochen alten Menschen schon mit zu DM nehmen darf, das hat mir irgendwie niemand erzählt. Kurz gesagt, ich habe ziemlich damit gehadert, ab wann ich was wieder machen kann/will/darf/soll und wie viel Besuche und Ausflüge für uns jetzt richtig sind. Mein Wochenbett ging auf sein Ende zu, mein Körper hatte einen großen Teil seiner alten Kraft wieder und ich war bereit für das Leben. Rückbildung, Baby Yoga, Krabbelgruppe und Freundinnen mit Kindern, ich komme! Corona Baby! #stayhomestaysafe Ganz klar, es hätte für mich eine dümmere Zeit treffen können, um das Sofa zu hüten aber es war für mich dennoch gar nicht so easy zu verkraften, dass ich nun nach gut 2 Monaten zu Hause genau dort auch bleiben sollte. Familie oder Freunde treffen? Den Blaubeerbub den wichtigsten Menschen im Leben vorstellen? Alles abgesagt, wir warten ab und halten die Beine still! Im Geheimen hat mir dieses Corona halt auch die Entscheidung abgenommen, ab wann ich mit dem kleinen Mann in meinem Arm wieder zu funktionieren habe. Es gab viele Tage, an denen ich die exklusive Zeit für uns drei in vollen Zügen genossen habe. Dann gab es aber auch die Tage, an denen mir die Decke so derb auf den Kopf gekracht ist, dass ich nicht nur einmal in Tränen ausgebrochen bin. Die ersten Lockerungen kamen und ich traute mich aus meiner Babyhöhle. Ein Spaziergang mit einer Freundin hier, ein Ausflug in den Zoo da und ein Essen mit Oma und Opa. Stück für Stück zurück in ein normales Leben, mit Einschränkungen, die nicht Babygemacht sind. Aber nun gut, so ist es eben aktuell und es ist für uns auch in Ordnung auf die Bremse zu treten, damit es uns in der Gemeinschaft allen besser geht. Wir leben dem Traum von Slow Living!
Mittlerweile sehe ich die positiven Effekte aus den letzten Monaten in der Isolation. Wir schätzen die kleinen Ausflüge und Erlebnisse um einiges mehr und bewusster. Ein Abstecher zum Vogelpark, der Spaziergang im Wald und der erste Kaffee im Restaurant (in Gedanken ganz bei Anni „Ich will auch so eine Latte trinkende Mama sein) fühlten sich nicht nur neu sondern auch unglaublich besonders an. Zusammen mit dem Blaubeerbub habe ich daheim viel gebacken, Joe hat gekocht und wir haben unseren Balkon im Vergleich zum Vorjahr etwas anders gestaltet und wirklich viel Zeit mit unseren Pflanzen zugebracht, gegrillt oder einfach die Abendsonne genossen. Unverhofft konnte ich dann auch deutlich früher als angenommen den geliebten Tennisschläger wieder in die Hand nehmen. Krabbelgruppen sind nach wie vor nicht geplant, also nutze ich die Zeit für mich und die Jungs machen es sich ganz ohne die Mama fein, gehen spazieren und kochen für mich.
Wie ist das Leben jetzt als NeuMama für mich? Wunderschön, verrückt, anstregend, herausfordernd und eine echte Wundertüte. Der Blaubeerbub hat volles Vertrauen in mich und ich liebe diesen kleinen Mann bedingungslos und auf eine Art und Weise, die man nur verstehen kann, wenn man sein eigenes Kind in den Armen hält. Mit Joe habe ich den besten NeuPapa an meiner Seite und mit ihm gemeinsam fühle ich mich stark und habe Mut, einen Schritt nach dem anderen in den Alltag mit Baby zu gehen, der noch viele Überraschungen für uns bereit hält. Ich merke aber auch, wie meine ganz eigenen Stärken nun zum Tragen kommen. Mein Talent zur Planung, Organisation, Voraussicht und Prozessoptimierung rettet mir häufig den Tag. Es sind so kleine Dinge wie ein vorbereitetes Frühstück, die letzen Handgriffe am Abend, wenn die Jungs sich bereit fürs Bett machen und ich noch schnell die Küche in Ordnung bringe und schon mal den Kaffee für den nächsten Tag vorbereite. Aber auch Dinge wie Babywippe und Hochstuhl sind kleine Rettungsinseln, die dem Minimenschen zusagen und mir somit meine Dusche am Morgen und ein gemeinsames Abendessen ermöglichen. Nicht zuletzt ist es aber ein unfassbar entspannter Blaubeerbub, der mir auch kleine Pausen gönnt und am liebsten sowieso mit Mama zusammen ein Nickerchen macht. Es läuft nicht immer alles rund aber ganz vieles schon sehr routiniert, wovon ich am Anfang nur träumen konnte. Eine große Hilfe sind neben Joe auch meine Freundinnen, die ich einfach alles fragen kann und die mir mit ihren Erfahrungen gerne weiterhelfen. Mein Leben als NeuMama ist vor allem deswegen so gut, weil ich ein großartiges Netzwerk um mich herum habe und dort Rat, Hilfe und Halt finde. Das mit dem fehlenden Schlaf ist bisher halb so wild und ich schaue voller Vorfreude auf den Sommer, unsere Familienzeit und den ersten Urlaub zu dritt.