Wer seine Brötchen mit einem Beruf in eher konservativer Umgebung ausübt, der muss sich in Bezug auf Tattoos oft fragen, ob das überhaupt geht? In einer Bank, im Kundenkontakt oder Büro gehört bunte Haut noch nicht zum allgemein geduldeten Erscheinungsbild. Zwar lockert sich beim Dresscode mittlerweile so einiges, dennoch hört bei Tinte der Spaß oft auf. Männer dürfen Hemden mit kurzen Ärmeln tragen, so mancher Rock wird im Sommer doch deutlich kürzer als Knielang und die Birkenstockdichte nimmt zu. Leider sind Körperschmuck und Tattoos noch immer in vielen Teilen der Arbeitswelt ein Tabu. Mal ausgenommen kreative Berufe angefangen von Fotografen, Designern über Friseur bis hin zu Bauarbeitern, bei denen ein Tribal auf dem Oberarm schon fast erwartet wird. Vor etlichen Jahren stand ich also vor der Frage welchen Kompromiss ich bereit bin zu machen zwischen Beruf und dem Wunsch nach Tattoos. Ich bin gelernte Industriekauffrau und sitze in einem alteingesessenen deutschem Konzern, der sich zwar beginnt zu lockern, dennoch beherrschen Anzüge die Management Ebene und es wurde bisher nur die Krawatte gestrichen.
Auf der einen Seite sind konservative Berufe wie Anwalt oder Banker sehr praktisch. Langes Hemd oder Blazer sind Pflicht? Her mit dem Unterarm Tattoo! Jedoch kommt auch irgendwann der Sommer und mit ihm die Hitze. Ja wir haben Klimaanlagen aber dennoch möchte ich mich luftiger kleiden können. So begann meine Tattoo Karriere erst mal unauffällig. Die Jahre vergingen und ich wollte und konnte einfach nicht von dem Wunsch nach einem Sleeve ablassen. Bis auf den Sommer habe ich auch überhaupt gar kein Problem damit, diesen zu verdecken. Einzig die Schwalben auf meinem Rücken blitzen ab und an aus einem Pullover hervor. Auch meine Fußrücken sind nur im Sommer sichtbar, wobei ich hier eher in die Offensive gehe. Der Sleeve ist und bleibt aber leider ein Problem in meinem Job. Also mussten Lösungen her! Erstmal verzichtete ich auf weitere Tattoos am Unterarm… vielleicht, irgendwann! Somit kann ich mit 3/4 Ärmeln grandios meinen Arm bedenken. Wenn es aber so richtig heiß ist, dann kann ich euch nur zu einem Kimono raten! Er ist die perfekte Alternative zum Blazer, somit also fürs Büro bestens geeignet, strahlt Stilgefühl aus und verdeckt die bunte Haut auf luftige Art.
In der Kantine und wenn ich durch die Flure laufe mehren sich die Menschen, mit großen und sichtbaren Tattoos. Das freut mich! Leider ist es auch weiterhin stark von der jeweiligen Abteilung abhängig, was geht und was leider gar nicht geht. Im Vertrieb, Kundenkontakt und in der Nähe des Managements bleibt es weiter klassisch mit Anzug und wenig Farbe. Sobald man ein paar Flure weiter nach unten geht trifft man sie, die bunten Nerds mit ausgewaschenen Shirts, Birkenstock oder Zehenschuhen und immer mehr mit Tattoos. Hier weht ein anderer Wind. Nicht nur was die Strukturierung der Arbeit angeht sondern eben auch die Kleidung und Körperschmuck.
Ich bin davon überzeugt, den Kompromiss mit Tattoo und Beruf müssen spätere Generation nicht mehr machen und das finde ich super! Farbe unter der Haut sagt nun mal wirklich nichts über den Charakter des Trägers aus. Erst vor ein paar Wochen half ich einem älteren Herren freudestrahlend dabei, sich einen Kasten Wasser in den Einkaufswagen zu heben, so bunt wie mich die Tätowierer geschaffen haben. Sollte dem einen oder anderen Kollegen eins meiner Tattoos aufgefallen sein, so wurde eher interessiert gefragt oder halt einer der ausgemusterten Sätze wie „geht das wieder weg“ oder „was machen Sie, wenn sie alt sind?“ fallen gelassen. Darauf reagiere ich einfach ruhig und gelassen. Ich sterbe einmal bunt, na und? Es findet sich aber auch immer wieder jemand zum fachsimpeln und mein direkter Kollege hat mich schon lange überholt. Lustiger Weise waren wir beim gleichen Tattoowierer und der Bruder eines anderen Kollegen ist ein echter Name in der Szene. Wieder zwei andere berichten mir fleißig, wohin sich ihre Beine entwickeln und irgendwie macht mich das immer etwas neidisch. Dennoch möchte ich meine Beine nicht weiter tätowieren lassen, weil dann auch Röcke ohne Strumpfhose wegfallen. Aber, wer weiß…
Da ich mir aber denken kann, dass sich ein paar von euch auch über die Vereinbarkeit von persönlicher Vorliebe und beruflichem Dresscode Gedanken machen wollte ich euch ein paar Tipps geben. Ich habe mich erst nach meiner Ausbildung und mit einem festen Arbeitsvertrag in der Tasche an Piercings getraut. Bis heute hat mich niemand auf mein Zungenpiercing angesprochen. Mit Tattoos begann ich dann später und habe mir lange über die Konsequenzen in Hinblick auf Kleidung Gedanken gemacht. Es lohnt sich vielleicht auch einmal, einen Blick in die Betriebsvereinbarung zu werfen oder den Chef zu fragen, wie das Unternehmen mit Tattoos umgeht. Bisher hatten meine direkten Chefs nie ein Problem mit meiner Körperbemalung, ganz im Gegenteil sogar! In unserer Einheit in Australien zum Beispiel sind Tattoos erlaubt, müssen aber Aufforderung oder gemäß der Situation verdeckt werden. Eine klare Regel! Das vermisse ich für unseren Standort in Karlsruhe noch. Leider muss mein Kollege den Sommer über in langen Hosen ins Büro kommen. Seine Waden Tattoos lassen sich sonst nicht verdecken, so sorry!
Meine Tipps für einen Sommerlook mit Tattoo:
– Tops mit 3/4 Arm
– Kimono
– leichter Cardigan
– leichter Blazer
– Maxikleider mit 3/4 Arm
– Leinenblusen
– Loafers oder Budapester
Wie steht ihr zu Tattoo am Arbeitsplatz?